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Montag, 14. Juni 2010

DFB-Elf: Integration und die Nationalhymne

Langsam bildet sich das Multi-Kulti-Bild von Deutschland auch in der DFB-Elf ab. Das hat offensichtlich eine positive Wirkung, wie das 4:0 gegen Australien im Vorrundenspiel gestern belegt.

Cacau und Özil - Spiegel für das Multi-Kulti-Deutschland

Zwanziger betonte: "Wir sind stolz darauf, dass Mesut Özil deutscher Nationalspieler ist. Dies ist das Zeichen für das Deutschland, das sich der DFB wünscht: Ein freies, tolerantes und selbstbewusstes Land, in dem kein Platz für nationalistisches Denken und Rassismus ist, wie es die Wirrköpfe der NPD zu verbreiten versuchen."
(Quelle: T-Online.de)

Interessant, was der DFB-Sportdirektor Sammer zu diesem Thema anmerkt:
"Wenn ich mich für den Adler auf der Brust entscheide, dann heißt das: Ich erkenne dieses Land an, kämpfe und spiele für dieses Land. Ich identifiziere mich mit diesem Land, ich bin stolz, dieses Trikot zu tragen. Wir entwerfen gerade einen Verhaltenskatalog für alle Jugend-Nationalmannschaften bis zur U21. Damit wollen wir erreichen, dass unsere Talente die Tradition und Werte des DFB kennen und sich damit identifizieren".
(Quelle: Spox.com)

Zum Hintergrund:

Özil ist in Gelsenkirchen geboren und Stammspieler der deutschen U-21-Nationalmannschaft, seinen türkischen Pass hat er vor geraumer Zeit abgegeben. Trotzdem wird seine Entscheidung von vielen Türken nicht akzeptiert.
Die Aufregung um Özils Entscheidung belegt, wie schwer es junge Fußballprofis mit türkischem Hintergrund haben, sich für eine Karriere mit dem Adler auf der Brust statt des Halbmonds zu entscheiden.

Immer wieder streiten der deutsche Fußballbund (DFB) und der türkische Verband (TFF) um Talente. [...] Özil wird nun wohl nach Mustafa Dogan und Serdar Tasci erst der dritte türkischstämmige Profi in der DFB-Historie. Die Liste der in Deutschland geborenen Spieler, die sich für die Türkei entschieden haben, ist ungleich länger und prominenter.

(Quelle: Spiegel.de)


Özils Erläuterung, warum er für Deutschland spielen will:
"Ich habe mir die Entscheidung in den letzten Wochen nicht leicht gemacht, weil meine Familie und viele Freunde aus der Türkei stammen. Das ist auch keine Entscheidung gegen meine türkischen Wurzeln. Doch meine Familie lebt jetzt in der dritten Generation in Deutschland, und ich bin hier aufgewachsen, habe mich immer wohl gefühlt, hier habe ich meine Chancen in den Junioren-Auswahlteams bekommen."
(Quelle: Spiegel.de)


Cacaus Beweggründe:
Seine Einbürgerung war dem 29-Jährigen mit Wohnsitz in Korb (Rems-Murr-Kreis) eine Herzensangelegenheit. Und so legt Cacau Wert auf die Feststellung, “dass ich nicht Deutscher geworden bin, um Nationalspieler zu werden. Sondern weil ich mich mit diesem Land einfach identifiziere.
(Quelle: frankys-stadionpics.de)

Weitere Hintergründe:
Spieler wie Paolo Rink oder Sean Dundee wurden im Hauruckverfahren eingebürgert. Es ging nicht um Integration, sondern um Interessen. Sie wurden Deutsche, weil Deutschland meinte, dass man sie bräuchte. Das ist heute anders. Einzig Cacau ist nicht hier aufgewachsen. Er wurde Deutscher, weil dieses Land seine Heimat geworden ist. Nicht, weil er für Deutschland Tore schießen wollte. Cacau übrigens singt auch die Hymne mit.

Gül Keskinler sagt, dass die Frage der Hymne auch eine Frage der Gesellschaft und ihrem Umgang mit Migrationskindern ist: “Es muss selbstverständlich sein, dass die Spieler mitsingen, daran müssen wir als Gesellschaft arbeiten, nicht allein der Fußball.”

Die Hymne ist ein heikles Thema. [...] Für manchen ist es ein Zeichen mangelnder Identifikation. “In eine Nationalhymne muss man reinwachsen. Das ist ein Prozess, bei dem wir erst am Anfang stehen. Die Spieler sollen ja nicht nur den Mund auf- und zumachen, sondern mit Begeisterung die Hymne singen”, sagt Gül Keskinler, seit 2006 Integrationsbeauftragte des DFB. Sie verweist auf den für die Spieler nicht leichten Umgang mit dem Zwiespalt der Familie und bittet um Verständnis für die “Jungs”.

Der fast schon traditionelle Ärger um die Hymne ist ein Symbol für das, was im deutschen Fußball, in der deutschen Gesellschaft, vor sich geht. Ein tiefgreifender demografischer Wandel, der sich an der Nationalmannschaft ablesen lässt.
(Quelle: frankys-stadionpics.de)

Ich bin sehr gespannt, wie sich die Sache weiterentwickelt. Hoffentlich spielen auch in Zukunft in der DFB-Elf viele talentierte Fußballer (mit welcher Migrationshintergrund auch immer), die sich mit Deutschland identifizieren und nicht nur mit der der Nationalmannschaft. Sonst singt irgendwann niemand mehr die Hymne mit - außer den Fans! ;o)

--- Nachtrag ---

Weitere Hintergrundinformationen:

Cacau:
Ich lebe nun seit fast elf Jahren in Deutschland, bin seit zwei Jahren deutscher Staatsbürger. Deutschland ist jetzt mein Land. Ich bin mit dem Herzen Deutscher. Für mich ist es zum Beispiel selbstverständlich, dass ich die Nationalhymne mitsinge.
(Quelle: Welt.de)
Für den Brasilianer Cacau ist das Mitsingen der deutschen Hymne aber "einer der emotionalsten Momente. Da zeigt man einfach diesen Stolz, Deutscher zu sein. Das war für mich von Anfang an klar, dass ich den Text lernen muss, um mitsingen zu können."
(Quelle: N24.de)

Vergleich Mesut Özil:
Dass zunehmend auch Spieler mit Migrationshintergrund dabei sind, sehe ich als Bereicherung und Zeichen einer gelungenen Integration. Zumindest dachte ich, dass diese Spieler alle gut integriert seien – bis ich das Interview im Kölner Express mit dem Bremer Spielmacher Mesut Özil las. Auf die Frage, was in ihm vorgehe, wenn er die deutsche Nationalhymne höre, antwortete her:
“Ich bin natürlich stolz. Und ich bete Verse aus dem Koran – das gibt mir Kraft. Wenn ich das nicht machen würde, hätte ich ein schlechtes Gefühl.”
(Quelle: Idea.de)

Sami Khedira gefragt, worum er nicht mitsingt:
Ich bin der Meinung, dass ich nicht mit Singen irgendetwas vorspielen oder künstlich demonstrieren muss.

Dass ich nicht singe, liegt ja auch daran, dass ich Respekt vor meinem zweiten Heimatland habe und vor dem Teil meiner Familie, der dort noch lebt. Aber auch dieser Teil der Familie weiß: Der Sami ist Deutscher und will mit Deutschland Weltmeister werden.
(Quelle: Sueddeutsche.de)

Dem widerspricht der folgende Artikel:
Sämtliche Spieler mit ausländischen Wurzeln mit Ausnahme von Miroslav Klose [und Cacau] schweigen beim «Deutschlandlied». Ein Zufall? Eher nicht. Gespaltene Gefühle? Wohl eher. Sie dokumentieren ein indifferentes Verhältnis zu Deutschland, ob sie wollen oder nicht.

Wenn die Bundesrepublik tatsächlich ein Einwanderungsland ist, und das ist der Fall, dann muss sich auch entsprechend verhalten werden. Es zeugt nicht von Respektlosigkeit gegenüber dem Herkunftsland seiner Eltern, die Hymne seines Landes nicht mitzusingen. Es ist aber repektlos, es mit dieser Begründung nicht zu tun.

Ein kunterbuntes Land, ein kunterbuntes Volk und alle singen gemeinsam die Hymne: So funktioniert Integration und so ensteht erst ein Gemeinschaftsgefühl.

Man stelle sich vor, der australische Torhüter Mark Schwarzer mit deutschen Wurzeln verweigert das Mitsingen der australischen Nationalhymne aus Respekt vor seinem Herkunftsland Deutschland. Unvorstellbar. Im Übrigen dürfte dann auch niemand die Hymne der USA, Australiens, Kanadas und Neuseelands singen - allesamt Einwanderungsländer.
(Quelle: News.de)


Als Zusammenfassung ein Foreneintrag:

Soll heissen:
Cacau = Team/Landes-Identifikation trotz gebürtiger Brasilianer
XXXX = Keine Identifikation trotz gebürtiger Deutscher

PS: Das spiegelt sich nicht nur beim unwichtigen Singen der Nationalhymne wieder.
(Quelle: Transfermarkt.de)

Frage: Warum kann also Cacau die Hymne mitsingen - und die anderen nicht!?

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